Kampfkunst: Kein Sport, sondern ein Studium?

One disciplined day can teach you more than a year of excuses.
Bei unserem letzten Inhouse-Tagesseminar standen vormittags Grundlagen auf dem Programm und nachmittags das Arbeiten mit der Kata-Gruppe BattoHo. Ein Thema, das dabei aufkam, war die Frage: Kampfkunst und Kampfsport – wo liegt der Unterschied?
Begriffsklärung: Budō (武道)
Budō bezeichnet die Gesamtheit der japanischen Kampfkünste, in deren Zentrum die Übung eines Weges (dō) steht. Das Zeichen bu (武) steht für das ursprünglich kriegerische Element aus dem bujutsu, während dō (道) den Weg der Selbstverwirklichung des Übenden beschreibt.
Budō kombiniert somit die alten Kriegstechniken (bujutsu) mit einem individuellen Übungsweg zur Selbstperfektion. Wörtlich bedeutet es: „Weg der Kampfkünste“. Es handelt sich dabei um eine Methode, die nicht nur Techniken lehrt, sondern auch den Charakter und die innere Stärke des Übenden formt.
Budō – Ein Begriff mit Irritationen
Budō wird oft missverstanden. Der Fokus liegt nicht auf äußerer Virtuosität, Effizienz oder egozentrischer Technikbeherrschung. Budō ist ein integraler Bestandteil der japanischen Kampfsysteme und beinhaltet weit mehr als nur Kampf.
Die drei Ebenen japanischer Kampfsysteme
- Kriegskunst (Bujutsu, 武術)
Bujutsu bedeutet „Kunst des Krieges“ oder „Technik des Krieges“ und ist ein Oberbegriff für die kriegerischen Handwerkskünste der Samurai (bushi). - Kampfkunst (Budō, 武道)
Budō ist die spirituelle und philosophische Weiterentwicklung von Bujutsu. - Kampfsport (Kakugi, 格技)
Kakugi bezeichnet Kampfsportarten mit modernen Wettkampfregeln – wie Jūdō, Kendō, Karatedō oder auch Boxen und Fechten.
Kriegskunst, Kampfkunst und Kampfsport im Vergleich
Um aus einer Kriegskunst (bujutsu) eine Kampfkunst (budō) zu machen, bedarf es keiner technischen Veränderungen, wohl aber einer geistigen Ausrichtung. Der Wandel zum Kampfsport hingegen erfordert gravierende Änderungen.
Moderne Budō-Disziplinen (shin budō) spezialisieren sich technisch, verlieren dabei jedoch häufig ihre ursprüngliche Tiefe.
Die Philosophie des Budō
Budō steht für jene japanischen Kampfkünste, die sich unter dem Aspekt des Weges aus dem bujutsu entwickelten. Durch den Einfluss des Zen erhielten sie ethisch-moralische Tiefe.
Die Übung des Weges rückt zwei Tendenzen in den Fokus: individuelles Streben und notwendige Anpassung. Der Weg dient dazu, diese Gegensätze auszugleichen und das eigene Potenzial zu entfalten.
Budō-Psychologie
Die alten Meister richteten den Kampf nicht mehr nach außen, sondern gegen das eigene Ego. So wurde aus tödlicher Technik eine Lebenskunst. Die Übung dient zur Befreiung von Angst und Selbstverblendung.
Ohne Sensei, ohne Disziplin und ohne innere Haltung verliert Budō seinen Wert. Nur wer mit Hingabe und Selbstdisziplin übt, kann durch Budō wachsen.
Die drei Übungselemente im Budō
- Waza (技) – Übung der Form
- Shin (心) – Geistige Haltung
- Ki (気) – Vitale Kraft
Bushidō (武士道) – Der Weg des Kriegers
Bushidō ist der ethische Kodex des japanischen Militäradels. Die Grundlagen stammen aus Shintō, Buddhismus und Konfuzianismus. Zentrale Werte waren Loyalität, Ehre und Bereitschaft zum Opfer.
Die sieben Tugenden des Bushidō
- Gi (義) – Gerechtigkeit
- Yū (勇) – Mut
- Jin (仁) – Menschlichkeit
- Rei (礼) – Höflichkeit
- Makoto (誠) – Wahrhaftigkeit
- Meiyo (名誉) – Ehre
- Chūgi (忠義) – Loyalität
Die fünf Hauptforderungen (Dōjōkun)
- Treue (zu Herrscher, Eltern, sich selbst)
- Höflichkeit
- Liebe
- Tapferkeit
- Ehre
Historische und moderne Perspektive
Bushidō war keine kodifizierte Religion, sondern eine über Jahrhunderte gewachsene Denkweise. Auch Verrat und Machtmissbrauch gehörten zur Realität der Samurai.
Heute kann Bushidō helfen, Werte wie Integrität, Selbstdisziplin und Loyalität neu zu denken – unabhängig von Autoritätshörigkeit. Es kann eine Brücke zwischen Tradition und moderner Sinnsuche schlagen.