5.Teil Die Zeit der kämpfenden Länder und der Onin Krieg
Die Zeit zwischen 1477 und 1615 geht als Sengoku-Periode, die
„Zeit der kämpfenden Länder“, in die Geschichte ein.
Die Ashikaga sind nicht mehr in der Lage ihren zentralen Machtanspruch auszuüben. Sie interessieren sich mehr für die schönen Künste wie Poesie und Teezeremonien. Ashikaga Yoshimasa verkauft sogar seine Rüstung, um seine kostspieligen Hobbys zu finanzieren. Während viele Daimyo eigene Pläne zur Machtergreifung schmieden, gewinnen auch die buddhistischen Klöster an Einfluss. sie beteiligen sich sogar mit eigenen Truppen an den Auseinandersetzungen.
Neben den Klöstern und den aufstrebenden Daimyo fordern auch die Bauern einen gesellschaftlichen Umbruch. Abgesehen von gestohlenen Lebensmitteln und zertrampelten Feldern, sind die vorbeiziehenden regulären Truppen für die Bauern keine existenzielle Gefahr. Anders als in Europa, wo beispielsweise der 30jährige Krieg ganze Landstriche regelrecht entvölkerte, sind in Japan niedergebrannte Dörfer, Übergriffe auf die Zivilbevölkerung und Zwangsrekrutierungen eher eine Ausnahme. Ein Problem stellen jedoch die zahlreichen Räuberbanden dar. Sie bilden sich aus versprengten Samurai und ziehen raubend und mordend von Dorf zu Dorf.
Vor allem müssen die Bauern die verschwenderische Lebensweise der herrschenden Klasse finanzieren. Zeitweise sollen sie 70% ihrer Erträge als Steuern abgeben. Auch die Ji-Samurai, die sowohl Krieger als auch Bauern sind, werden durch die überhöhten Abgaben in ihrer Existenz bedroht. Die Bauern und Ji-Samurai schließen sich zu eigenen Kampfverbänden, den Ikki, zusammen. Die allgemeine Unzufriedenheit führt schließlich zu Bauernaufständen.
1428 greift ein Aufstand in Kyōto auf das ganze Land über. 1441 ziehen die Aufständischen, mordend und brandschatzend durch Kyōto. Nach einer Woche erlässt das Shōgunat den Bauern ihre Schulden. 1447, 1451, 1457 und 1461 kommt es wieder zu bewaffneten Aufständen und die Ikki besiegen sogar ein 800 Mann starkes Samurai-Heer.
Nur durch den Militärdienst können Bauer ihren Schulden letztendlich entkommen. Sie bilden die leichten Fußtruppen, die Ashigaru, einen wichtigen Stütze des Samurai-Heeres. In den folgenden Jahren setzen die Heerführer verstärkt große Ashigaru-Verbände zur Unterstützung traditioneller Samurai ein.
Die Ashigaru und Ikki verändern nachhaltig die Gesellschaftsordnung. Es beginnt die Auflehnung der unteren Schichten gegen die Herrschenden, Gekokujo genannt. Diese Entwicklung leitet die Sengoku- Periode ein, in der sich zahlreiche Vasallen gegen die Zentralmacht erheben.
Es ist unausweichlich, daß Japan in Krieg und Chaos stürzt.
In den folgenden Jahren wird das ganze Land durch die gnadenlosen Machtkämpfe erschüttert. Zahlreiche lokale Kriegsherren stellen mächtige Heere auf und zermürben sich in blutigen Schlachten. Bündnisse werden gebrochen, Freunde werden verraten und jeder versucht ein möglichst großes Stück vom Kuchen ab zu bekommen. Es herrschen anarchische Zustände.
Besiegte herrenlose Samurai ziehen durchs Land, schließen sich zu Banden zusammen an und terrorisieren die Landbevölkerung. Doch ebenso werden verwundete oder flüchtende Samurai von den notleidenden Bauern überfallen und ausgeraubt, denn ihre Ausrüstung läßt sich in diesen kriegerischen Zeiten schnell zu Geld machen.
Der Onin-Krieg
Obwohl die Eskalation der lokalen Konflikte das Land bereits in den Bürgerkrieg führte, wird der Onin-Krieg, (1467-1477) als der eigentliche Beginn der Sengoku-Periode angesehen. Die Auseinandersetzungen, die sich zuerst auf Kyōto konzentrieren, brechen im ersten Jahr der Ära Onin (Kaiser Go-Tsuchimikado) aus.
Die Stadt ist trotz der vorausgegangenen Ikki-Aufstände immernoch die prachtvollste Metropole Japans. Anfangs kämpfen die rivalisierenden Clans der Yamana und Hosokawa um die Nachfolge der Ashikaga. Yamana Sozen, unterstützt Yoshihisa, während Hosokawa Katsumoto, Yoshimi, dem Bruder des aktuellen Shōguns seine Loyalität zusichert.
Eine heikle Lage, denn Hosokawa Katsumoto steht seinem eigenem Schwiegervater, Yamana Sozen, gegenüber. Die Kontrahenten sammeln ihre Truppen um Kyōto. 80.000 Kämpfer der Yamana treffen auf die 85.000 Mann der Hosokawa. Für europäische Maßstäbe sind diese Heere gewaltig, handelt sich doch nur um die Armeen einzelner Familien.
Als weitere 20.000 Mann der Yamana-Armee nach Kyōto marschieren, wird ein Anwesen der Hosokawa in Brand gesteckt, worauf die Truppen der Hosokawa einen Versorgungskonvoi der Yamana überfallen. Kurz darauf kommt es zu ersten offenen Kampfhandlungen. Zwei Monate nach dem Ausbruch der Kämpfe, im Juli 1467, ist der Norden Kyōtos verwüstet. Beide Parteien verschanzen sich hinter Barrikaden und führen einen gnadenlosen Stellungskrieg, der die verängstigte Bevölkerung aus der Stadt treibt.
Die Kampfhandlungen greifen auf die Provinzen über und in Kyōto häufen sich die Leichen auf den Straßen. Ganze Wagenladungen voll abgeschlagener Köpfe werden als Trophäen gesammelt.
Obwohl das Land in blutige Auseinandesetzungen und gnadenlose Machtkämpfe stürzt, kommt es unter der Ashikaga-Herrschaft auch zu einer kulturellen Blüte.
Japan zersplittert in unabhängige Fürstentümer, die ihre eigenen Gesetze erlassen, Festungen errichten und sich unbarmherzig bekämpfen. Mit dem Sieg über einen befeindeten Clan werden oft auch die Frauen und Kinder ermordet. So werden die Clans der Shiba und Isshiki sowie die Hatakeyama, die Yamashiro und die Yamana in den grausamen Kämpfen vollständig vernichtet.
Im Jahre 1542 landen portugiesische Händler vor Kyushu und bringen die ersten „modernen“ Feuerwaffen nach Japan. Die Arkebusen und Musketen werden von japanischen Handwerkern nachgebaut und beeinflussen die Kriegsführung nachhaltig. Es kommt zu Handelsbeziehungen mit dem fernen Europa, worauf ab dem Jahre 1549 die christliche Missionierung folgt. Einige Daimyo fördern das Christentum, da sie sich davon eine Schwächung der einflussreichen buddhistischen Klöster erhoffen.
Am 9. November 1568 zieht Oda Nobunaga, der Daimyo der Provinz Owari, mit seinen Truppen in Kyōto ein. An seiner Seite Ashikaga Yoshiaki, der den Shōgun-Titel für sich beansprucht. Nobunaga hat sich bereit erklärt, Yoshiaki beim Kampf um die Erbfolge zu unterstützen. Allerdings geht es ihm nur darum, seine eigenen Pläne zu verwirklichen. Durch die Einnahme Kyōtos, beendet er den blutigen Bürgerkrieg. Seine weiteren Erfolge gelingen ihm vor allem durch die Hilfe zweier hervorragender Offiziere. Toyotomi Hideyoshi, ein ehemaliger Fußsoldat bäuerlicher Herkunft und Tokugawa Ieyasu ein früherer Feind Nobunagas. Ein weiterer Grund für den militärischen Erfolg ist der umfangreiche Einsatz der leichten Ashigaru-Truppen.
Diese sind, in riesigen Verbänden, mit den relativ kostengünstigen Speeren ausgerüstet, eine ernste Bedohung für die traditionellen Samurai. Solche Fußtruppen werden nun auch mit den neuen, von den Portugiesen eingeführten Schusswaffen ausgestattet. Nobunaga versteht es seine Truppen taktisch klug einzusetzen. Geschützt durch Speerträger stehen die Arkebusiere in drei Reihen. Während die erste Reihe feuert, laden die Anderen ihre Waffen. Diese neue Art der Kriegsführung verschafft ihm einen Sieg nach dem anderen. Nach seinen Einzug in Kyōto sichert sich Nobunaga die Verbindung zwischen der Hauptstadt und seiner Heimatprovinz Owari, indem er die Fürsten der Provinzen Omi und Echizen, 1573 in der Schlacht am Anegawa-Fluß besiegt. Die Klöster der Kriegermönche auf den Hieizan läßt er niederbrennen.
Der Shōgun Yoshiaki wird abgesetzt, da er sich auf die Seite der Gegner Nobunagas gestellt hat. Dadurch ist das Shōgunat der Ashikaga beendet und Nobunaga praktisch mächtigster Kriegsherr in Japan. Noch im selben Jahr belagert er die die strategisch wichtige Festung Ishiyama, um die Ikko-Buddhisten zu vernichten, die sich mit Takeda Shingen gegen ihn gestellt hatten.
Doch erst 1580 ist der Widerstand der Mönchskrieger gebrochen. In dieser Zeit festigt Nobunaga sein Machtposition in den neu gewonnenen Gebieten und läßt am Ufer des Biwa-Sees die Burg Azuchi erbauen. Sie wird, als erste Burg Japans, so konstruiert, daß sie auch dem Beschuß durch Feuerwaffen standhält. 1577 greift er die Mori-Familie an, die einige Provinzen an der Südwestspitze Honshus beherrscht. Sein wichtigster Feldherr Toyotomi Hideyoshi bekommt den Auftrag seine Truppen gegen die Mori zu führen.
Der Feldzug erweist sich aber als langwierig und teuer.
Hideyoshi fordert schließlich Verstärkung an, als er 1582 vor der Burg Takamatsu in der Provinz Bitchu steht. Nobunaga schickt Akechi Mitsuhide, mit dem größten Teil seines Heeres, um Hideyoshi zu unterstützen. Akechi nutzt diese Situation aus und wendet sich mit den ihm unterstellten Kriegern gegen seinen Herrn Nobunaga. Im Honnoji-Tempel in Kyōto werden Nobunaga und sein Sohn schließlich ermordet. Als Hideyoshi von dem Verrat erfährt, beendet er den Kampf mit den Mori und eilt mit seinen Truppen zurück nach Kyōto. Schon auf dem Rückweg wird er von Akechis Anhängern in kleine Gefechte verwickelt. Doch der Übermacht seiner Armee sind sie nicht gewachsen. Der Sieg über Akechi Mitsuhide und seine Gefolgsleute findet am 2.7.1582 nahe der Hauptstadt in der Schlacht von Yamazaki statt.
In den folgenden Erbfolgestreitigkeiten kommt es zum offenen Kampf zwischen den ehemaligen Verbündeten Nobunagas. Die Entscheidung fällt 1583 in der Schlacht von Shizugatake, wo es Hideyoshi gelingt seine zahlreichen Gegner zu isolieren und deren Armeen einzeln zu schlagen.
Mit seinem letzten ernstzunehmenden Rivalen Tokugawa Ieyasu, kann sich Hideyoshi im Jahre 1585 jedoch friedlich einigen. Durch Verhandlungen und Kämpfe wird Hideyoshi in nur wenigen Jahren zum unbestrittenen Nachfolger Nobunagas. 1583 beginnt er, auf den Grundmauern der zerstörten Mönchs-Festung Ishiyama, mit dem Bau von Schloss Osaka. Im Jahre 1587 verleiht ihm der Kaiser die Würde des Großkanzlers. Bis zum Jahre 1590 werden die letzten Daimyo ausgeschaltet oder sichern ihm ihre Gefolgschaft zu. Damit hat Toyotomi Hideyoshi ganz Japan unter seiner Herrschaft vereinigt.
Doch das reicht ihm nicht.
Er schmiedet den tollkühnen Plan, China zu erobern. Hideyoshi fordert vom koreanischen König freien Durchzug nach China, was ihm aber verweigert wird. Im Mai 1592 landen starke japanische Verbände in Korea.
Nach ersten Erfolgen gerät der Vormarsch jedoch ins Stocken und die Invasoren müssen sich in Stellungen an der Küste zurückziehen. Drei Jahre wird ohne Ergebnis verhandelt. Im Jahre 1597 werden weitere Truppen nach Korea geschickt. Wieder ist die Lage, nach einigen Siegen für die Japaner, festgefahren. Erst nach Hideyoshis Tod, im Jahre 1598, werden die Soldaten aus Korea zurückbeordert und der Plan, China zu erobern, aufgegeben.
Siehe dazu später Der Imjin-Krieg Invasion in Korea.
Bleibt Neugierig und fasziniert…
Euer Ken Tsuru Dojo e.V. In Fürth Team
Dienstag dann Recht und Gesetz so wie das Seppuku im Feudaljapan