Recht und Gesetz, Seppuku
Die ersten europäischen Besucher und Kaufleute berichteten von der unbarmherzigen Rechtsprechung japanischer Richter. Selbst geringste Vergehen wurden oft mit dem Tode durch besonders grausame Hinrichtungsrituale bestraft. Begnadigungen fanden praktisch nie statt.
Angesehene Persönlichkeiten und Mitglieder der herrschenden Klasse, konnten sich glücklich schätzen wenn ihre Strafe nur in einer Verbannung bestand. Von den Samurai wurden eine Selbstbestrafung durch Seppuku erwartet.
Die einfachen Straftäter erwartete oft eine überaus qualvolle Folter, Verstümmelung oder Hinrichtung. Junge Samurai testeten ihre Schwerter an den zum Tode Verurteilten und hackten sie in Stücke. Eine japanische Kreuzigung bestand darin, dem Delinquenten kreuzweise lange Speere durch den Körper zu stechen, ohne ihn jedoch gleich zu töten. Die Henker waren bestrebt ihre Opfer möglichst lange am Leben zu lassen und die Qualen zu verlängern. Manche Mörder wurden bis zum Halse eingegraben und am Wegesrand zur Schau gestellt. Auf einer Tafel war ihr Vergehen nachzulesen. Jeder der nun vorbei kam, wurde aufgefordert den Hals mit einer bereitgestellten Säge ein kleines Stück anzusägen. Andere Verurteilte wurden lebendig gekocht, gebraten oder verstümmelt, oder mussten sich in Bergwerken oder als Galeerensklaven zu Tode schuften.
Besonders entsetzt waren die Europäer über einige japanische Herren, die ihre Sklaven nach Lust und Laune töteten, ohne mit irgendwelchen Konsequenzen rechnen zu müssen.
Frühmittelalter (Heian-Zeit, 794–1185)
Ein kodifiziertes Rechtssystem, das auf dem chinesischen Vorbild der Tang-Dynastie basierte. Es enthielt detaillierte Regelungen über Verwaltung, Strafrecht und Steuern.
Es gab fünf Hauptstrafen (z. B. Prügelstrafe, Verbannung, Todesstrafe).
Hierarchische Ordnung zwischen Adel, Kaisertum und Provinzverwaltungen.
Konfuzianismus und der Respekt vor der sozialen Hierarchie spielten eine zentrale Rolle.
Das Ritsuryō-System verlor an Bedeutung, als die kaiserliche Zentralgewalt schwächer wurde.
Spätmittelalter (Kamakura- und Muromachi-Zeit, 1185–1573)
Mit dem Aufstieg der Samurai und der Errichtung des Kamakura-Shogunats entwickelte sich ein eigenes Rechtssystem.
Lokale Feudalherren (Daimyō) und Vasallen (Gokenin) übernahmen Rechtsprechung und Verwaltung.
Kriegerkodex (Bushidō): Obwohl noch nicht formalisiert, prägten Werte wie Loyalität, Ehre und Pflicht die Rechtspraxis.
Streitfälle wurden oft durch Mediation oder Schiedsverfahren gelöst, wobei lokale Autoritäten oder Samurai-Räte entschieden.
Sie reichten von Enteignung über Verbannung bis hin zur Hinrichtung.
Recht im Alltag
In ländlichen Gemeinschaften existierten oft informelle Regeln, die auf Traditionen basierten.
Buddhistische Tempel und Shintō-Schreine hatten oft ihre eigenen Rechtsprechungsbefugnisse, insbesondere in Fragen der Moral und des Familienrechts.
Sengoku-Zeit (1467–1603): Chaos und Lokale Herrschaft
Während der Zeit der Bürgerkriege (Sengoku) war das Recht weitgehend dezentralisiert. Daimyō etablierten eigene Gesetzeskodizes (zum Beispiel die Kujikata Osadamegaki), die auf pragmatischen und militärischen Bedürfnissen basierten.
Landbesitz und Pachtverhältnisse waren häufig Streitpunkte. Die Konflikte wurden oft durch Gewalt oder lokale Machthaber gelöst.
Seppuku, der rituelle Selbstmord
Durch Seppuku oder Hara-wo-kiri (Bauchaufschneiden), den rituellen Selbstmord, konnte ein Samurai seine Ehre wahren. Die richtige Bezeichnung lautet eigentlich Hara-wo-kiri, wurde aber später von den Europäern Harakiri ausgesprochen. Den Bauch schnitt man auf, weil er im Buddhismus als der eigentliche Sitz der Seele gilt. Man offenbarte in diesem letzten Akt sein wahres Innerstes.
Dieses Ritual wurde wahrscheinlich das erste Mal im 12. Jahrhundert, von Minamoto Tametomo, nach einer verlorenen Schlacht, vollzogen. Ein Samurai beging aus unterschiedlichen Gründen Hara-wa-kiri, etwa um einer Gefangennahme durch den Feind zu entgehen oder um seinem Herrn in den Tod zu folgen. Dies galt als Zeichen höchster Loyalität. Außerdem gab es diese Form der Selbsttötung auch als letzten Protest gegen eine Entscheidung des Herrn. Später wurde Hara-wa-kiri auch als würdige Todesstrafe für Samurai verordnet.
Es ist wohl klar, das Hara-wa-kiri, mit unerträglichen Schmerzen verbunden war. In einem festgelegten Ritual schnitt sich das Opfer den Bauch von links nach rechts auf. Hatte der Selbstmörder genug Mut bewiesen, wurde er nach dem ersten Schnitt von einem Helfer, dem Kaishaku-nin, mit einem einzigen Schwerthieb in den Nacken von seinen Qualen erlöst. Vor dem eigentlichen Freitod war es üblich eine letzte Mahlzeit einzunehmen und ein Todesgedicht zu verfassen. Das Aufschlitzen galt selbst bei den Samurai als derart unmenschlich, dass die Zeremonie später „erleichtert“ wurde und sich das Opfer „nur“ in das Schwert hineinstürzen musste. Auch kam es vor, dass der Helfer den tödlichen Schlag schon nach dem ersten Einstich ausführte und so das Leiden verkürzte.
Selbst für die Frauen und Kinder der Samurai galt es, sich einer drohenden Gefangennahme, durch Suizid zu entziehen. Sie taten das in der Regel mit einem Dolchstoß in den Hals oder ins Herz.
Der Tod des Herrn war für die Samurai oft ein Grund sich das Leben zu nehmen. So kam es nach dem Tod eines Fürsten, oft zu zahlreichen Selbstmorden seiner Gefolgsleute. Viele wollten durch Hara-wa-kiri ihrem Herrn in das Reich der Toten folgen, manche wählten die besonders grausame Methode, sich lebendig begraben zu lassen. Eine Legende erzählt von Togo Shigechika, ein sagenumwobener Samurai, der sich nach dem erfolglosen Versuch eine Burg zu erobern, in voller Rüstung auf seinem Pferd, lebendig begraben ließ und seinen Feinden Rache schwor.
Eine fast unglaubliche Selbsttötung soll Nitta Yoshisada (1301 – 1338) vollzogen haben. Um der Gefangennahme durch feindliche Truppen zu entgehen, enthauptete er sich selbst.
Im Jahre 1868 wurde der rituelle Freitod offiziell verboten.
Heute hat Japan eine der höchsten Suizidraten der Welt. 2009 wurden mehr als 32.000 Selbsttötungen registriert.
Weitere Berichte unter https://kentsurudojo.de/japan
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Euer Ken Tsuru Dojo e.V. In Fürth Team